Ich öffne die Tür meiner neuen Dienstwohnung in der Zitadelle und werfe gerade diese kleine Sklavin raus – nicht, weil sie mir nicht gefallen würde. Sie ist Frischfleisch vom Sklavenhändler Tatso und talentiert. Talentiert in künstlerischer Hinsicht, denn sie hat einem Töpfer gehört, und da ich als großer Kunstfreund in Kasra bekannt bin, werde ich mir wahrscheinlich ein paar Amphoren und Teller mit schönen Motiven bemalen lassen; ich suche ja schon seit langem Geschirr mit kraftvollen Ornamenten, ringenden muskulösen Jünglingen beim Training in den Akademien der Roten Kaste zum Beispiel. Herrlich ist das, sich an der Zukunft der Armee und deren Nachwuchs zu erfreuen!
Vielmehr noch werde ich wohl eine Büste von mir anfertigen und diese wohl vergolden lassen, um sie der Regentin als schmuckes Dekor für ihr Landgut schenken. Was natürlich noch eine Überraschung sein soll. Deswegen darf es niemand wissen. Bin gespannt, wo die wohl stehen wird.
Ich bin zufrieden dieser Tage – nur die Tür, sie quietscht ein wenig. Muss geölt werden, ist wohl noch zu neu. Kasra hat eine exquisite neue Stadtmauer mit prächtigen Wehranlagen und die Rote Kaste eine neue Zitadelle mit angeschlossenem kleinen Tempel und zahlreichen Quartieren für die Krieger. Und mit mehr Raum und zudem mehr Bedeutung wächst die Rote Kaste in Kasra kontinuierlich an. So habe ich das gerne, und seither ist der Platz vor der Zitadelle auch stets voll mit Menschen, die sich im Glanz der Macht sonnen wollen, die von diesem Bauwerk ausgeht, das die Stärke Kasras und seiner Roten dezent, aber wirkungsvoll in Stein und Bannern einfängt. Hier liefen auch schon die ersten kasteninternen Prozesse und derlei Dinge. Da war das Weib in Männerkleidern. Ein Mord und diverse andere Dinge. Reichlich Ereignisse.
Wie die Rote Kaste wächst auch das Sklavenhaus, seit Tatso es übernommen hat. Gelegentlich schlendere ich mal vorbei und sitze bei ihm auf den Stühlen vor der Tür, beobachte das Treiben auf den Straßen, trinke ein Schlückchen und begutachte seine Neuzugänge. Einen davon hatte ich kürzlich erworben. Shoshoni heißt das Stück, nein, Shana. So eine kleine Dunkelhäutige, mit denen im Süden nah an der Tahari die Straßen gepflastert werden könnten und die man daher auch günstig bekommt.
Mit der hatte es eine gewisse lustige Bewandtnis: Valerius von Ar, Ex-Söldner aus Kasra, nahm diese Sklavin mit sich, als er auszog, um Centurio der XI. Legion und damit auch ein kurzfristiger Feind Kasras zu werden – und irgendwie stand die Dunkelhäutige plötzlich wieder in Kasra rum.
Jedenfalls kaufte ich mir die für 40 Kupferstücke aus einer Laune heraus, denn ich finde: Das sieht schick aus zu einer so hellhäutigen wie meiner Kajira Cassia eine so dunkelhäutige wie Shoshon… Shana zu ketten. Sozusagen als Ping und Pong an der Kette, oder wie sagen die Pani-Leute noch? Yo und Yo? Ying und Yang? Egal, zumindest hielt ich das einerseits für eine ästhetische Aussage, andererseits für eine philosophische, denn ist es nicht so, dass es auf Gor das Gute nicht ohne das Schlechte geben kann und dass das Eine ohne das Andere nicht messbar wäre?
Doch, das ist so. Blöd nur, dass sich diese Rama, nein, Shana, tatsächlich als Pong – also als Biest, Minus, die dunkle Seite oder so – entpuppt hat. Sie glaubte, dass sie eigentlich immer noch Valerius gehört, wollte den sogar befreien, als er in Kasra inhaftiert war – alles etwas kompliziert für Außenstehende und an sich wenig relevant, ja, und jetzt kommt’s: Kaum hatte ich die gekauft, schleicht sich dieser feine Krieger Valerius in einer Verkleidung zurück nach Kasra, um sich dieses 40-Kupfer-Schnäppchen zu rauben! Hält man das aus? Tja. Da guckste dann und fragst dich: Was ist denn mit den Arern los, können die das heute nicht mehr, wie sich das gehört, mit einem anständigen „Kajira canjellne“ und dem Schwert klären, wem das Ding nun gehört? Nein, scheinbar alle Diebe geworden, die Arer. Total verlottert sind deren Sitten da am Vosk oder wo auch immer die jetzt gerade stecken.
Wie dem auch sei, wurde dieser schwarze Sleen Shosh…ana im Kielwasser eine Dame aus dieser Legion wieder nach Kasra gespült (einer Dame, die anscheinend das Interesse des Soldaten Alex geweckt hat, nachdem dieser seine Gefährtin versklavte und wohl nun verscherbelt hat, weil sie unbedingt eine Führungskraft gebären und diese von mir empfangen wollte, haha, von wegen, aber das ist eine andere Geschichte), wo ich das Diebesgut als rechtmäßiger Besitzer, der für sie ja auch bezahlt hat, wieder an mich nahm. Seither ist sie bockig und zickig und spielt einem irgendwelche Streiche und lässt immer ein Valerius hier, Valerius da fallen und denkt, ich kriege das alles nicht mit.
Was sie nicht mitkriegt ist, dass ich bereits einen Haken unter die Decke habe schrauben lassen und gerade einen sehr engen und stabilen Holzkasten fertigen lasse. Welchen Zweck das hat, wird sie schon noch erfahren. Vielleicht werde ich das Zeug später auch mal Catellus pumpen – er hat sich eine Kajira eingefangen und sie auf den lustigen Namen „Ar“ getauft. „Ar, putz mir die Schuhe, „Ar, knie dich hin…“ Ja, das sorgt schon für Lacher in der Kaserne!
Ich schließe die Tür wieder, nachdem die ich kleine Töpferin rausgeworfen habe, um ein paar Schriftstücke zu sortieren, die ich mir später vorlesen lassen will. Es sind eine Menge, denn derzeit ist viel in Kasra los, und die vielen Bewohner, kleine Handwerker wie die Schneiderin und viele andere aus den unteren Kasten, kommen mit ihren Anliegen.
Ich überlege, dass ich in Kürze auch mal vor dem Osttor nachsehen muss. Angeblich hat dort ein Assassine aus der Schwarzen Kaste sein Zelt aufgeschlagen, und man weiß ja, wie das mit denen ist: Die Bauern zittern, die Händler erbleichen, jeder springt auf die andere Straßenseite, damit bloß der Schatten eines Schwarzkastigen nicht den eigenen kreuzt…
Wie ich hörte, trägt der Bursche, der sich Khalid nennen soll, aber nicht das Zeichen auf der Stirn. Er kommt gebürtig wohl aus der Wüste, aus der Oase der zwei Scimitare, trägt auch ein Scimitar auf dem Rücken, und muss also zu den Kavar gehören. Eher gehört haben. Wobei dieses Wort „gehören“ ein großes ist für einen Mörder, die bekanntlich aus Gründen möglicher Interessenskonflikte keine Heimsteine und auch sonst keine Bindungen haben – wenngleich man sagt, das vereinzelt welche wohl Sklaven halten. Was ihnen nicht verboten, aber auch nicht empfohlen ist. Was sollen diese Typen auch mit dem Ballast? Gut, vielleicht in Zeiten, wo es nichts zu tun gibt, und denn anschließen, zack, Kehle durch und wegwerfen auf den Komposthaufen vor den Toren, kann sein. Mir doch egal.
Aus dem Wachbuch habe ich mir vorlesen lassen, dass der Schwarzkittel nach Lady Pinion und ihrem Sklavenhaus gefragt, aber statt ihrer Tatso in Kasra gefunden haben soll. Auch nach der Regentin habe er gefragt… Ob er hier recherchiert, einen Auftrag annehmen will oder gleich viele, denn in einer Handelsstadt wie Kasra haben die Handelshäuser ja viele Schuldner und Gegner, und politische Gegner hat Kasra ja auch so einige dazu gewonnen… Hm. Keinen Schimmer, und wie man weiß, sind diese Kerle nicht nur in Sachen Mord unterwegs, sondern auch noch für andere Dinge käuflich. Entführungen, Sabotage und ähnlich ehrlose Dinge, mit denen wir Roten unsere Finger nicht beflecken…
Nun, man wird sehen. Ich mag diese Schwarzkittel jedenfalls nicht. Halten sich für die Größten und posaunen herum, was für Schlachter wir Roten seien und was für Chirurgen sie selbst. Blödsinn. Wer seinen Stahl für Gold verkauft, der soll mal lieber die Pfeile flach abschießen, sage ich immer. Aber ganz flach!
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