Donnerstag, 7. Februar 2013

Die Koalition der Willigen

Mit Todesverachtung zog sie sich an diesem Morgen sogar Stiefel an.
In Decken gehüllt sicherte man sie und ihre Leibsklavin in dem Korb, den der Tarn nun endlose Pasangs weit Richtung Norden tragen würde.
Sie zitterte vor Aufregung, Angst hatte sie jedoch nicht. Es war nicht der erste Flug mit ihrem Gefährten, aber sie flogen noch nie dermaßen weit.

Es war ein besonders schöner Tag, der Himmel versprach gutes Wetter und die Sonne würde jeden Moment aufgehen. Nasty schaute über den Korbrand zu den anderen Tarns. Zehn waren es an der Zahl, die nun gerüstet und beladen waren. "Aufsitzen !!" hallte der Befehl durch das Gewusel der Tarnreiter und wenige Ihn später ging ein Ruck durch den Korb. Von ihrem Gefährten Catellus sicher gesteuert riss der gewaltige Flügelschlag des Tarns seine Traglast in die Höhe.

An Schlafen war kaum zu denken, ein Tarnflug ist alles andere als ruhig und so wollte sie die Reisezeit zum nachdenken nutzen.

Es war bereits der vierte politisch motivierte Besuch in einer fremden Stadt, seit sie zur Regentin auf Lebenszeit ausgerufen wurde. Regentin .. sie führte den Titel weiter, obschon er mit dem alten Machtgefüge in Kasra nur noch entfernt etwas zu tun hat. Der Hohe Rat von Kasra hatte sie zum Diktator ernannt, zur Alleinherrscherin. Damit löste er sich und auch die Verfassung von Kasra auf. Dieses uneingeschränkte Vertrauen der Bürger lastete nun auf ihren Schultern. Die Zukunft von Kasra lag vollkommen in ihren Händen.

Sie berief einen neuen Hohen Rat ein, denn auf seinen Rat wollte sie auch weiterhin nicht verzichten. Er tagte nun nach Bedarf und angemessen der Dringlichkeit. Die Dienstwege wurden kürzer, Kasra würde effektiver werden. Aber es war nicht die Zeit, sich um die Innenpolitik zu kümmern, andere Probleme drängten zum Handeln.
Lange Zeit machte es ihr nichts aus, dass gewisse politische Kräfte ihre Heimat als Feindbild erkoren hatten, auch wenn die Propaganda aus dem Voskgebiet langsam am Ruf von Kasra nagten.
Sie hatte ja den Kommandanten Luc, der sich mit seiner ganze Weisheit und Erfahrung um die Sicherheit von Kasra wie um ihre eigene kümmerte.

Luc .. Ihr Blick verklärte sich bei den Gedanken an den stattlichen Kommandanten. Sie hatten damals keinen guten Start, als sie die Regentschaft und damit auch die Befehlsgewalt über die Stadtwache übernahm. Heute fühlt sie sich ihm mehr als freundschaftlich verbunden, gegenseitiger Respekt und eine gemeinsame Aufgabe formten sie zu einer Einheit zum Wohle der Stadt.
Wie groß ihr Respekt und ihre Anerkennung waren, würde er dieser tage noch einmal erfahren können ..

RUCK - schreckte sie auf - schlechtes Wetter, Turbulenzen.

Sie wickelte sich enger in ihre Decke, schüttelte und konzentrierte sich wieder.
'Es ist viel zu weit entfernt.' dachte sie. Selbst als die Del-Ka auf Kasras Heimatboden tätig wurde und sich einige Bürger aus der Stadt absetzten, gab es noch keinen Grund Blut zu vergießen.
Erst ein Angriff auf ein Schiff vor Turmus, der wohl von unbekannten Kriegern unter dem Banner von Kasra durchgeführt wurde, schreckte sie endgültig auf.
Der Kommandant kümmerte sich um die militärische Stärke, sie selbst sich und die politische Positionierung.

Freunde boten Unterstützung, als sie von den Intrigen hörten. Andere Freunde verweigerten sogar einen sicheren Hafen für Kasra. Und vielleicht werden aus Feinden sogar Freunde, denn nichts eint mehr, als eine tatsächliche Bedrohung. Und die kam derzeit aus einer anderen Richtung.

Denn der hinterhältige Angriff unter der Flagge von Kasra wurde einem gewissen Senator Lucius und seinen Mannen zugeschrieben. Je mehr Informationen uns aus der Ferne zugetragen wurden, so deutlicher wurde ein Motiv für diesen Angriff. Anscheinend wollte der Senator mit seiner Legion die Städte am Vosk in ein Konflikt mit Kasra stürzen, die Region destabilieren und dann selbst die Ruinen unter seiner Macht vereinen.

Aber auch eine andere Idee war denkbar. Warum gab es keine überlebende Gefangene in Turmus? Warum ist der Angriff überhaupt gescheitert? Und ein weiterer Beweis, dass es NICHT Kasra war, ist ja nun dieses Scheitern. Möglich dass dies ein bezahlter Angriff war? Dass ein paar reudige Sleens geopfert wurden und deren Köpfe Turmus zierten? Dass dies nur ein weiteres Vorgehen der Del-Ka war, dem alten Feindbild noch mal Kraft zu verschaffen?

So oder so schien Lucius beteiligt gewesen zu sein, als Handlanger oder treibende Kraft. Er stellt mit seiner Legion eine Gefahr für den Handel am Vosk dar, und beim Thema Handel werden alle Städte hellhörig. Er musste weg ..

Nun sollte sie Fahrt aufnehmen, die Koalition der Willigen, die sich der Legion entgegen werfen würde und für eine neue Stabilität und Vertrauen untereinander sorgen sollte. Leicht würde es nicht werden alle in diesem Sinne zu vereinen, aber die Zeit der Passivität war vorbei.

RUCK ... sie war tatsächlich eingeschlafen und das Aufsetzen weckte sie unsanft.

Benommen und orientierungslos setzte sie sich auf und blickte in das vertraute Gesicht ihres geliebten Gefährten, dem Vater ihrer Zwillinge. Er löste bereits die Sicherungen und bedachte sie mit diesem zärtlichen Blick, den sie so liebte, wenn sie ihre Augen aufschlug.
Sie machten Rast, die Krieger kauten mürrisch auf Dörrfleisch herum, die Tarne wurde gefüttert. Alle streckten sich und sahen unendlich müde aus. Nach wenigen Ahn Schlaf ging es weiter.
Und weiter und wieder und weiter.

Die Spannung wuchs je näher sie Lydius kamen. Würden alle dort sein? Wie wird die Stimmung? Hatte sich in der schnellebigen Zeit und großen Entfernungen schon wieder etwas geändert?

Kurz vor dem Ziel rasteten sie noch einmal um sich frisch zu machen, eine Ahn später betraten sie das herrliche Lydius. Fanfaren ertönten, das Volk jubelte und der Administrator Gar nahm sie in Empfang. Lydianische Gastfreundschaft ist einzigartig und der Administrator selbst stand einst auf der Liste möglicher Gefährten, war aber vergeben.
Sie fühlte sich wohl hier.

Das Wetter wurde nicht besser, so bat Gar die geladenen Gäste in den Ratssaal, Tatrix Dirirtas sollte jeden Moment eintreffen, und um die Zeit zu überbrücken begann bereits die Verköstigung.
Diritas wurde schon kurz darauf in den Saal geleitet und nach ebenso formeller wie herzlicher Begrüßung eröffnete Gar diesen Abend.






Nach einem gemeinsamen Trinkspruch wurden Reden geschwungen, bevor man sich zu den Einzelheiten zurückziehen wollte.
Der Gastgeber überließ den Gästen großzügig den Vortritt und nach kurzem Blickkontakt mit der Tatrix von Hochburg führte Kasra die erste Rede.

"Die Koalition der Willigen ...." begann die Regentin ihre Rede. "Ein Konflikt ist es, der uns an einen Tisch treibt, aber kein Konflikt untereinander, sondern uns liegen die Krisengebiete am Herzen. Vor allen der Vosk .. der eine natürliche Grenze darstellt.
Vorab hatten wir besprochen, dass wir auf diese Märkte nicht verzichten wollen ... dass wir die Intrigen erkannten, die alle entzweien sollen."

Die Reden dauerten an, einjeder erklärte seine Entschlossenheit und die Notwenigkeit des gemeinsamen Handelns. Kriege waren nicht gewünscht, hier trafen sich große Handelsstädte. Aber man wird jedem auf die Finger hauen, der sich der Piraterie schuldig macht oder versucht die entstehende Koalition zu unterwandern.
Tatrix Diritas lud für das nächste Treffen ein, denn manches muss den Rat der Städte passieren, und alle unterstrichen die sie verbindende Freundschaft. Für die junge Diktatorin aus Kasra war es ein guter Abend, sie war voller Überzeugung, dass diese Koalition der Willigen in Zukunft noch großes ausrichten wird.





Nach dem offiziellen Treffen folgten in Abgeschiedenheit noch detailierte Gespräche und der Abend wurde zur Nacht. Adminstrator Gar erwies sich als perfekter Gastgeber und irgendwann in den Morgenstunden war alles notwendige gesagt. Die jungen Eltern aus Kasra ließen den Tag mit einem entspannenden Bad ausklingen und machten ihn damit perfekt.



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