Sonntag, 20. Mai 2012

Vom Rot in einer schwarzen Nacht

Ich stehe vor dem Tor und blicke herab auf den Fayheen. Wie ruhig alles scheint im Schutze der Dunkelheit. Nur das Glitzern der Wellen im Schein der Monde verrät die Bewegung des Wassers. Man könnte meinen nichts habe sich verändert, doch der Schein trügt.

Während sich der Flusslauf nicht zu ändern scheint, hat sich hingegen in Kasra einiges getan. Ein paar kleine Umbauten hier und da, das Gut, das sich vor einer Weile aus den Resten des Dorfes erhob und nun soll noch das neue Tor für die Straße zum Gutshof folgen. Jedoch sind es nicht diese Veränderungen, von denen ich spreche. Seit geraumer Zeit treibt eine gewisse Unruhe die Bewohner um. Fragt mich nicht, ob das Wetter daran Schuld ist oder ob es zu dieser Jahreszeit vielleicht Pflanzen gibt, die irgendwelche Pollen oder Sekrete absondern, die zu so etwas führen können, ich weiss es nicht. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es etwas daran ändern würde, zu wissen, dass diese Veränderungen durch äußere Einflüsse zustande gekommen sind. Vielleicht hätte ein Heiler ein Gegenmittel, aber eines ist sicher, ich, ein Sklavenmädchen, würde daran nichts ändern können.

Wie ich schon sagte, hielt vor einer Weile eine seltsame Unruhe Einzug in die Stadt. Ich tat es damit ab, dass einige neue Bürger hinzukamen und ein paar Umbauten anstanden. Mit den neuen Bürgern hielten auch kleinere Straftaten Einzug in das doch sonst eher beschauliche Kasra. Und nicht zu vergessen, die Stadt hatte nun eine Frau an der Spitze. Die Baumeisterin, die früher mal Wirtin war, wurde vom Rat ins Amt der Regentin erhoben. Nun werden die Männer unter euch scharf die Luft durch ihre Zähne einziehen und sagen 'da haben wir das Übel ja', aber ob man diese Unruhe nun darauf schieben sollte, ist fraglich. Dennoch, der Aufruhr der letzten Tage hatte tatsächlich mit der Frau in gelb zu tun.

Die Regentin war die letzten Hände oft zu wichtigen Staatsbesuchen gereist, ebenso wie aus persönlichen Gründen. Scheinbar erwägt sie eine Gefährtenschaft mit einem Richter einzugehen, was auf ganz unterschiedliche Reaktionen stößt. Neben den Reisen und der Liaison war hier und da an einigen Ecken zu hören, dass es Drohungen gegen die Regentin gab. Die Rede war von Attentätern, deren Zahl sich mit jedem Tag zu erhöhen schien. Es war ein wenig chaotisch nach den ganzen Ereignissen, die sich so eng aneinander reihten. Die Wachen kamen kaum hinterher, große und kleine Delikte aufzuklären und dann auch noch interne Fragen zu klären, die mit der Vergrößerung der Stadtwache aufkamen. Diskussionen über Ränge flammten auf und auch sonst war viel zu viel zu erledigen, was die Stadtwache bei der Regentin in Missgunst fallen ließ. Sie befürchtete wohl, die Wache könnte handlungsunfähig sein, wenn es darauf ankäme. Untätigkeit warf sie ihr vor und so handelte sie schließlich in Form eines Erlasses, der wie ein kalter Wind durch die Stadtwache fegte. Sämtliche Offiziere wurden ihres Ranges enthoben, darunter auch mein Herr, bislang Hauptmann in Kasra.

Ich konnte es nicht fassen. So viele Märkte hatte er Kasra treu gedient mit seiner Erfahrung und seiner Weisheit. Ich war immer der Meinung gewesen, dass mein Herr sowohl beim alten als auch beim neuen Regenten sehr geschätzt wurde. Tja, ich unterlag wohl einem Irrtum. Was muss es für eine Schmach für ihn gewesen sein, wenn es schon mich so hart traf? Ich war erstarrt und konnte meine Fassungslosigkeit gar nicht zum Ausdruck bringen. Mein Herr jedoch erlag dieser Starre nicht, sondern er handelte, wie er handeln musste - er trat aus der Stadtwache aus.
Was nun aus ihm und somit mir wird? Ich vermag es mir nicht auszumalen, dennoch bin ich mir sicher, dass ein erfahrener Kämpfer, der sowohl mit dem Schwert als auch mit Worten geschickt umgehen kann, immer eine Aufgabe haben wird.

6 Kommentare:

  1. Luc sagt:

    *liegt in seiner Hängematte und doziert*

    Schlachten, bei denen keine Ehre zu gewinnen ist, verbringt man am besten in der Hängematte, und nicht jeder vermeintliche Sieg ist stets ein Gewinn - manchmal ist er das Gegenteil. Außerdem schreibt mir mein Kodex eh vor: Wenn es Zeit ist in der Hängematte zu liegen, dann liege in der Hängematte. Von daher…

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  2. Boah, wir Kajirae brauchen auch so nen Kodex!

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  3. Soziale Hängematte in Kasra ??

    Was kommt danach .. spätgoreanische Dekadenz ??

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  4. Luc sagt:

    Dekadent bin ich doch schon längst!

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  5. Dies sei einem erfahrenen Krieger nach so vielen Siegen und dem langen Dienst gegönnt ^^

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